Oberstufe

Schulischer Wendepunkt

Mit dem Eintritt in die Oberstufe stehen die jungen Menschen an einem schulischen Wendepunkt. Die enge Bindung an eine Klassenlehrerin oder einen Klassenlehrer ist nicht mehr gegeben. Die Jugendlichen sind nun aufgefordert, die Verantwortung für ihr Lernen selbst zu übernehmen. Dies ist ein Prozess, der in der 9. Klasse beginnt und sich bis zur 12. Klasse steigert.

Diese Betonung der gesteigerten Selbstständigkeit im Lernprozess findet ihren Ausdruck in der Struktur der Oberstufe. An die Stelle der Klassenlehrkraft als täglich anwesende Bezugsperson tritt ein Klassenbetreuerteam, bestehend aus einer weiblichen und einer männlichen Oberstufenlehrkraft. Das Klassenbetreuerteam ist nur phasenweise in der Klasse anwesend, was den Schüler*innen einen eigenverantwortlichen Umgang mit Freiheit und Ordnung nahebringt und so wichtige Prozesse im Rahmen des Erwachsenwerdens anstößt.

Epochenfächer wie Deutsch, Mathematik, Geschichte, Biologie oder Physik werden nun von wechselnden Lehrkräften unterrichtet, die das jeweilige Fach gezielt studiert haben und daher über ein vertieftes Fachwissen verfügen. In diesen anspruchsvollen Epochen der Oberstufe bietet sich den Schüler*innen die Möglichkeit, ihre Urteilskompetenzen zu schulen und sowohl mündlich als auch schriftlich unter Beweis zu stellen. Sie werden darin gefördert, Lernfortschritte selbstständig zu reflektieren. Es gilt nun, die Bewegungsfreude der jüngeren Klassen in eine individuell geführte seelisch-geistige Beweglichkeit zu verwandeln und auf den verschiedenen Lern- und Lebensfeldern urteilsfähig zu werden. Das Ziel ist, sich einen eigenen, begründeten Standpunkt zu erarbeiten, der auch von der Haltung der Mehrheit abweichen darf.

Das Unterrichtsangebot ist in der Oberstufe unverändert vielfältig. Neben den Hauptunterrichtsfächern wie Deutsch, Mathematik, Geschichte, Geographie, Naturwissenschaften und Kunstgeschichte werden weiterhin Fremdsprachen und Bewegungsfächer unterrichtet. Einen weiteren Schwerpunkt bilden vielfältige künstlerische und handwerkliche Fachgebiete. Außerdem werden in jeder Oberstufenklasse Praktika durchgeführt, die teilweise mit Klassenfahrten verknüpft sind. Das Gemeinschaftserlebnis stärkt die Klassengemeinschaft, die in der Waldorfpädagogik eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig werden die Jugendlichen in ihrer eigenen Schwerpunktsetzung gefördert. Sichtbar wird dies unter anderem bei zahlreichen Präsentationen des individuell Erlebten und Erarbeiteten. Unsere Oberstufenschüler*innen sind darin geübt, ihre Arbeitsergebnisse vor Publikum frei und selbstbewusst vorzustellen. Eine Fähigkeit, die ihnen im späteren Arbeitsleben oftmals sehr zugute kommt.

Die Waldorfschule erreicht ihr Bildungsziel am Ende der 12. Klasse. Eine große Klassenfahrt, ein abendfüllendes Theaterstück, die Präsentation einer individuellen Jahresarbeit und der gemeinsame Eurythmieabschluss sind der festliche Schlusspunkt der zwölfjährigen Waldorfschulzeit. Das 13. Schuljahr dient der Abiturvorbereitung und gehört insofern nicht zu den klassischen Schuljahren der Waldorfschulzeit.

Oberstufenfahrplan der Freien Waldorfschule Kiel